Es gibt aktuell eine große Verunsicherung am
Immobilienmarkt, sowohl bei Käufern als auch bei Verkäufern. Auch die Bauherren
sind da keine Ausnahme. Wer zurzeit ein Einfamilienhaus baut, sieht sich mit
der Situation konfrontiert, dass das ursprünglich geplante Budget wohl nicht
ausreichen wird, um das Haus fertigzustellen.
Auf der anderen Seite stehen die
unterschiedlichen Gewerke, die aufgrund der aktuellen Situation gezwungen sind,
die ursprünglichen Preise zu erhöhen.
Aber auch ein Großteil der Menschen, die
planen, zu bauen, stehen vor diesem Problem. Viele haben ihre Verträge bereits
vor Ausbruch der Krise geschlossen und sehen sich nun mit explodierenden
Preisen konfrontiert.
Das Problem ist, dass sich die Bauherren
vielen verschiedenen Störfaktoren ausgesetzt sehen. Dies hat mit dem Ausbruch von
Corona begonnen und setzt sich mit dem Krieg in der Ukraine fort. Lieferketten
sind unterbrochen, Waren können nicht oder nicht rechtzeitig geliefert werden
und die Preise kennen nur noch eine Richtung - nach oben!
Auf all diese Faktoren haben die Bauherren
keinen Einfluss.
Im Gegensatz zu den Unternehmern haben die
Bauherren jedoch die etwas besseren Karten. Unternehmer haben kaum die
Möglichkeit, eine Preisanpassung durchzusetzen, unabhängig davon, ob sie sich
auf einen gesetzlichen Anspruch auf Preisanpassung berufen oder auf einen
entsprechenden Passus im Vertrag, welcher meist unter den allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu finden ist.
Dies deshalb, da die allgemeinen
Geschäftsbedingungen einer besonderen inhaltlichen Kontrolle unterliegen, welche
oft zu dem Ergebnis führt, dass die AGB unwirksam sind.
In sehr vielen Fällen lassen sich die
Bauherren jedoch auf inflationsbedingte Preisanpassungen ein, denn schließlich
möchten sie ihr Projekt fertigstellen und keinen Baustopp riskieren.
Die Kunden, mit denen wir in der Praxis zu tun
haben, stehen beispielsweise vor dem Problem, dass sie für ihr Bad 25.000,00
Euro einkalkuliert haben und nun vom Handwerker gesagt bekommen, dass dies
mittlerweile um die 32.000,00 Euro kosten wird.
Rechtlich gesehen ist die Sachlage eindeutig.
Doch wie sieht es in der Praxis aus? Die logische Konsequenz wäre, dass das Bad
nicht fertiggestellt wird, wenn die Mehrkosten vom Bauherrn nicht übernommen werden.
Damit ist aber keiner Partei geholfen. Weshalb wir unseren Kunden in diesen
Situationen raten, eine gemeinsame Lösung zu finden, mit welcher alle gut leben
können.
Dies ist sicherlich eine schwierige Situation
für alle Beteiligten. Muss der Unternehmer eine Preisanpassung vornehmen, so
sollte er dies seinem Vertragspartner transparent und nachvollziehbar darlegen.
Dies ist die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
In der aktuellen Situation gibt es im
Baugewerbe viele Verlierer. Sowohl die Bauherren selbst als auch die
beauftragten Unternehmen stehen vor einem Dilemma.
Die Bauherren haben den Druck, das Objekt im
Zeitplan fertigstellen zu müssen und die gestiegenen Kosten. Diese haben jedoch
auch die Unternehmer, welche sie an die Bauherren weitergeben müssen, um kein
Verlustgeschäft zu machen.
Statt sich hier in jahrelangen
Gerichtsprozessen das Leben gegenseitig schwer zu machen, sollten die Parteien
gemeinsam nach Lösungen suchen. Auch wenn die Skepsis auf Seiten der privaten
Bauherren und Auftraggeber natürlich groß ist.
Auch in der jetzigen Situation ist es nicht
von Nachteil zu bauen. Hier sollte immer der Einzelfall betrachtet werden.
Wer sich sein eigenes Haus bauen möchte, der
schafft natürlich auf der einen Seite ein behagliches Zuhause für sich und
seine Familie. Auf der anderen Seite ist eine Immobilie nach wie vor eine
stabile Wertanlage.
Auch, wenn die schlechten Nachrichten im
Moment nicht abreißen, sollte das die Leute nicht verschrecken. Sie sollten
sich durchaus auch weiterhin zutrauen, solche Projekte umzusetzen.
Allerdings sollten sich die neuen Bauherren
auch mit den Handwerkern darüber verständigen, was alles passieren kann, und
entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen. Nur so lassen sich die
aktuellen Risiken gemeinsam bewältigen.
Rein aus praktischer Erfahrung kann man hier
noch keine Prognose treffen. Denn die Situation, wie sie sich aktuell
darstellt, besteht erst wenige Monate.
Eine mögliche Entwicklung könnte sein, dass in
den künftigen Verträgen zwischen Bauherren und Unternehmen detaillierte
Klauseln bezüglich inflationsbedingten Preisanpassungen mit aufgenommen werden.
Diese Klauseln werden mit Sicherheit in der Zukunft eine größere Rolle im
Baugewerbe spielen.
Eine faire Lösung könnte hier sein, dass die
Preise in dem Volumen angepasst werden, in dem auch der Baukostenindex steigt.
Wie es sich tatsächlich entwickelt, wird man
mit der Zeit sehen.
Ausführlich besprechen wir dieses Thema gemeinsam mit Rechtsanwalt Dirk Wolter, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in unserer neuen Podcastfolge.